Sonntag, 23. Januar 2011

Je älter desto öfter in den Urlaub: Diskriminierung !


Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Dieses Urteil könnte dazu führen, dass etliche junge Arbeitnehmer mehr Urlaub einfordern können. Es findet nämlich nach der Rechtsprechung eine Angleichung nach oben statt. 



Die inzwischen 24jährige Klägerin ist als Einzelhandelskauffrau bei einer Einzelhandelskette beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt dem Manteltarifvertrag Einzelhandel Nordrhein-Westfalen, wonach der jährliche Urlaubsanspruch bei einer 6-Tage-Woche nach dem Lebensalter wie folgt gestaffelt ist:
bis zum vollendeten 20. Lebensjahr 30 Urlaubstage
nach dem vollendeten 20. Lebensjahr 32 Urlaubstage
nach dem vollendeten 23. Lebensjahr 34 Urlaubstage
nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Urlaubstage
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat wie die Vorinstanz erkannt, dass die Klägerin durch diese Regelung wegen ihres Alters diskriminiert wird. Die nach dem Alter unterscheidende Regelung ist nicht gemäß § 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerechtfertigt. Es fehlt an einem legitimen Ziel für diese Ungleichbehandlung, das im Tarifvertrag oder in dessen Kontext Anklang gefunden hat. Dies gilt insbesondere für das von der Arbeitgeberseite vorgebrachte Argument, mit der Regelung solle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin, der nach der tariflichen Regelung nur 34 Urlaubstage zuständen, wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung 36 Urlaubstage pro Jahr beanspruchen kann. Diese Angleichung nach oben entgegen der bestehenden tariflichen Regelung folgt aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.

Die Revision ist zugelassen.
ArbG Wesel, 6 Ca 736/10, Urteil vom 11.08.2010
LAG Düsseldorf, 8 Sa 1274/10, Urteil vom 18.01.2011

Samstag, 22. Januar 2011

Auch böse Arbeitgeber rechtfertigen keinen Nazi-Vergleich


Wer im Job frustriert ist, weil er schlecht behandelt wird, sollte sicherheitshalber die Kirche im Dorf lassen.



Fristlose Kündigung wegen Vergleichs mit Zuständen "wie im Dritten Reich"
Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wenn ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber in öffentlicher Sitzung erklärt "er lüge wie gedruckt; wie er mit Menschen umgehe, da komme er - der Mitarbeiter – sich vor wie im Dritten Reich" .
Hintergrund des Rechtsstreits war, dass ein 47- jährige Fahrzeugführer nach mehr als 30 -jähriger Beschäftigung gegen seinen Arbeitgeber wegen einer ihm ausgesprochenen Kündigung Klage erhoben hatte. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 20. Februar 2007 äußerte er in Anwesenheit des Arbeitgebers und seiner Prozessbevollmächtigten: "Die Beklagte lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich". Einer Aufforderung des Kammervorsitzenden, den Saal zu verlassen oder sachlich weiter zu verhandeln, folgte der Mitarbeiter nicht. Der Arbeitgeber nahm die Äußerung zum Anlass, dem Mitarbeiter Ende Februar 2007 erneut fristlos zu kündigen.
Das Arbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auch das Hessische Landesarbeitsgericht hielt die Kündigung für wirksam.
Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten könnten eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde regelmäßig zurücktreten müssen, wenn sich die Äußerungen als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellten. Der Vergleich betrieblicher Verhältnisse und Vorgehensweisen mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem und erst recht mit den in Konzentrationslagern begangenen Verbrechen bilde in der Regel einen wichtigen Grund zur Kündigung. Die Gleichsetzung noch so umstrittener betrieblicher Vorgänge und der Vergleich des Arbeitgebers oder der für ihn handelnden Menschen mit dem vom Nationalsozialismus begangenen Verbrechen und den Menschen, die diese Verbrechen begingen, stelle eine grobe Beleidigung der damit angesprochenen Personen und zugleich eine Verharmlosung des in der Zeit des Faschismus begangenen Unrechtes und eine Verhöhnung seiner Opfer dar. Mit einer solchen Äußerung werde regelmäßig unterstellt, dass die Mitarbeiter bei dem Arbeitgeber willfährigen Handlangern unter dem NS-Regimes gleichzusetzen sind. Der gekündigte Mitarbeiter habe auch die Chance vertan, seine Schmähkritik auf Hinweis des Kammervorsitzenden umgehend oder wenigstens später zurückzunehmen.
Für die Gesamtabwägung sei auch von Bedeutung gewesen, dass der Kläger bereits in einem früheren Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber im Jahre 2004 das Hessische Landesarbeitsgericht als „korrupt" beschimpft und es als "schlimmer als die Kommunisten" bezeichnet habe.
Hess. LAG, Urteil vom 14.9.2010 - AZ 3 Sa 243/10
Vorinstanz: Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 22.12.2009 – AZ 18 Ca 2540/07

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Wer sich von seinem Arbeitgeber die Weiterbildung bezahlen lässt, sollte nicht undankbar sein. Sonst muss er zurückzahlen.




Rückzahlung von Weiterbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor 
Abschluss der Ausbildung - Inhaltskontrolle 

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber 
übernommenen Kosten einer Weiterbildung zurückzahlen muss, wenn er auf eigenen Wunsch vor 
Abschluss der Weiterbildung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hält einer Inhaltskontrolle nach 
§ 307 Abs. 1 BGB regelmäßig stand, sofern die erfolgreiche Weiterbildung für den Arbeitnehmer von 
geldwertem Vorteil ist. Dies gilt auch dann, wenn die Weiterbildung nicht kontinuierlich, sondern in 
mehreren zeitlich voneinander getrennten Ausbildungsabschnitten erfolgt, sofern die zeitliche Lage 
der einzelnen Ausbildungsabschnitte den Vorgaben der Weiterbildungseinrichtung entspricht und die 
vertragliche Vereinbarung dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit eröffnet, allein nach seinen 
Interessen die Teilnahme an den jeweiligen Ausbildungsabschnitten festzulegen. Offen bleibt, ob und 
inwieweit die bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung absehbare Länge der Unterbrechungen 
zwischen den Ausbildungsabschnitten einer Angemessenheitskontrolle unterliegt. 
Der Beklagte war seit Februar 2002 als Bankkaufmann bei dem klagenden Sparkassen- 
Zweckverband beschäftigt. Im Juni 2006 schlossen die Parteien eine Lehrgangsvereinbarung über 
die Teilnahme des Beklagten an einem Studiengang des Bayerischen Sparkassen- und 
Giroverbandes zum Sparkassenbetriebswirt. Danach hat der Kläger die Lehrgangs- und 
Prüfungsgebühren zu tragen und den Beklagten zur Teilnahme an dem Studiengang unter 
Fortzahlung der Vergütung freizustellen; der Beklagte hat dem Kläger diese Leistungen zu erstatten, 
wenn er auf eigenen Wunsch vor dem Abschluss der Ausbildung aus dem Arbeitsverhältnis 
ausscheidet. Der Beklagte absolvierte in einem Zeitraum von ca. acht Monaten zwei jeweils ca. 
fünfwöchige Ausbildungsabschnitte. Danach kündigte er das Arbeitsverhältnis und nahm an dem 
zeitlich später liegenden dritten und letzten Ausbildungsabschnitt nicht mehr teil. 
Das Landesarbeitsgericht hat der auf Rückzahlung der Weiterbildungskosten gerichteten Klage im 
wesentlichen stattgegeben. Die Revision des Beklagten blieb vor dem Dritten Senat des 
Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung der 
Weiterbildungskosten. Die Rückzahlungsklausel ist wirksam Durch die Bindung an das 
Arbeitsverhältnis bis zum Abschluss des von dem Sparkassen- und Giroverband vorgegebenen 
Studiengangs zum Sparkassenbetriebswirt wird der Beklagte nicht unangemessen benachteiligt iSv. 
§ 307 Abs. 1 BGB. 


Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Januar 2011 - 3 AZR 621/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 8. Mai 2008 - 2 Sa 9/08 - 

Mittwoch, 19. Januar 2011

Betriebsrat überprüft nicht die Arbeitsverträge


Es ist nicht die Aufgabe des Betriebsrats, im Rahmen der Mitbestimmung bei der Einstellung den Inhalt der Arbeitsverträge zu überprüfen. ein Verstoß gegen § 611 BGB reicht insofern nicht als Zustimmungsverweigerungsgrund aus.

BAG, Beschluß vom 10.8.1993 - 1 ABR 22/93 -


Gesetzesverstoß als Zustimmungsverweigerungsgrund – Aufgaben des Betriebsrats i.S.d. § 99 Abs. 2


Leitsätze:

1. Voraussetzung eines Gesetzesverstoßes als Zustimmungsverweigerungsgrund ist, daß die personelle Maßnahme als solche rechtswidrig ist.

2. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats im Rahmen von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, die Einhaltung des Inhalts des Arbeitsvertrages zu überwachen.

Aus dem Sachverhalt:

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur
Versetzung einer Arbeitnehmerin sowie darüber, ob die vom Arbeitgeber angeordnete vorläufige
Durchführung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Die Beteiligte zu 1) und
Antragstellerin betreibt in Hamburg ein aus mehreren Filialen bestehendes Schuhgeschäft. Weiterer
Beteiligter ist der in den Betrieben der Beteiligten zu 1) und der Beteiligten zu 3) gemeinsam gewählte
Betriebsrat. Zu den fünf Betriebsratsmitgliedern gehört auch die Arbeitnehmerin D . Frau D war seit 1.
Oktober 1976 als Dekorateurin bei der Beteiligten zu 1) (in der Folge Arbeitgeber) beschäftigt. Zur
Dekorationsabteilung gehörten zwei weitere Mitarbeiter.
Mit Schreiben vom 21. März 1990 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis von Frau D - wie
auch die Arbeitsverhältnisse der zwei weiteren Mitarbeiter - zum 30. September 1990 wegen der zu
diesem Zeitpunkt beabsichtigten Auflösung der Dekorationsabteilung. Der hiergegen erhobenen
Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht durch Urteil vom 1. August 1990 statt und verurteilte
den Arbeitgeber antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung. Die Berufung des Arbeitgebers wurde durch
Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. März 1991 - 8 Sa 96/90 - zurückgewiesen.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 wurde Frau D im Verkauf beschäftigt. Sie hatte mit Schreiben vom
selben Tage auf die Mitbestimmungspflichtigkeit einer solchen Maßnahme verwiesen, zugleich aber
auch erklärt, vorbehaltlich der "Klärung des Prozesses" werde sie die Arbeit als Verkäuferin
aufnehmen.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat folgendes mit: „... Ihnen ist
bekannt, daß die Abteilung Dekoration zum 30.09.90 geschlossen wurde. In dem abgeschlossenen
Rechtsstreit, ist das Gericht der Auffassung von Frau D gefolgt, daß eine Weiterbeschäftigung im
Verkauf möglich sei. Der Einsatz von Frau D wird ab 01.10.90 im Verkauf erfolgen, in den Filialen
der Firma G. Wir bitten um Kenntnisnahme und Zustimmung.“
Der Betriebsrat rügte mit Schreiben vom 8. Oktober 1990, die Anhörung zur Versetzung sei nicht
ordnungsgemäß, da weder der vorgesehene Arbeitsplatz noch die beabsichtigte Eingruppierung dem
Betriebsrat mitgeteilt worden sei, außerdem verlange er eine Stellenausschreibung. Vorsorglich
verweigere er die Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme, weil sie zu einer nicht
gerechtfertigten Benachteiligung der Arbeitnehmerin führe und weil auch eine nach § 93 BetrVG
Seite 1
erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben sei.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 ergänzte der Arbeitgeber daraufhin seine Angaben mit der Bitte
an den Betriebsrat, seine Entscheidung nochmals zu überprüfen. In dem Schreiben heißt es u.a.: „...
Gehaltlich ist der Beruf der Schauwerbegestalterin sowie der Verkäuferin gleichgestellt, gemäß dem
Gehaltstarif für den Hamburger Einzelhandel. Der Betrag der über das Tarifgehalt hinausgeht, gilt als
Zulage.
Die allgemeine Stellenausschreibung kann in diesem Fall nicht erfolgen, da diese Stelle nur für Frau D
bereit gestellt werden mußte, aufgrund des Arbeitsgerichtsurteil vom 01.08.90. Eine andere
Mitarbeiterin kommt für diesen Arbeitsplatz nicht infrage.“
Unter dem 11. Oktober 1990 wurde die neueingerichtete Stelle ausgeschrieben mit dem Hinweis:
"Tätigkeitsort: Filialen der Firma G GmbH". Mit Schreiben vom 15. Oktober 1990 teilte der
Betriebsrat mit, er habe beschlossen, seine Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung zu verweigern.
Frau D hatte ihrerseits bereits unter dem 6. Oktober 1991 mitgeteilt, ihre Tätigkeit im Verkauf sei
rechtswidrig, solange der Betriebsrat der Versetzung nicht zugestimmt habe; sie sehe sich daher nicht
mehr in der Lage, ihre Tätigkeit im Verkauf fortzuführen; bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts
stelle sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Ab 9. Oktober 1990 war Frau D für längere Zeit
arbeitsunfähig krank. Ab August 1991 bot sie ihre Dienste dem Arbeitgeber wieder an, jedoch
ausdrücklich nur als Dekorateurin. Sie bestand darauf, daß ihr ein funktionsfähiger Arbeitsplatz als
Dekorateurin angeboten werde, solange ihr nicht wirksam eine Änderungskündigung ausgesprochen
worden sei. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1991 sprach der Arbeitgeber eine Änderungskündigung
zum 30. Juni 1992 aus. Im Änderungsschutzverfahren hat das Arbeitsgericht Hamburg die Klage
hinsichtlich der begehrten Feststellung durch Urteil vom 19. Juni 1992 - 9 Ca 20/92 - abgewiesen. Die
hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 10.
Februar 1993 - 8 Sa 55/92 - zurückgewiesen.
Mit seinem Antrag hat der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung
der Arbeitnehmerin D sowie die Feststellung begehrt, daß die vorgenommene vorläufige Versetzung
aus dringenden Gründen sachlich erforderlich war. Er hat die Auffassung vertreten, die
Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sei unbegründet. Der Betriebsrat könne die Weigerung
nicht auf behauptete Nachteile für Frau D stützen. Zwar sei es richtig, daß sie nicht mehr als
Dekorateurin eingesetzt werden und damit Qualifikationsnachteile erleiden könne. Die zum 30.
September 1990 durchgeführte Auflösung der Dekorationsabteilung sei aber als unternehmerische
Entscheidung hinzunehmen. Dekorationsarbeiten würden von eigenen Arbeitnehmern nicht mehr
durchgeführt. Frau D habe sich im Kündigungsschutzverfahren selbst bereit erklärt, im Verkauf zu
arbeiten. Eine Änderungskündigung sei an sich nicht erforderlich gewesen, da er zur Umsetzung auch
im Wege des Direktionsrechts berechtigt sei.
Der Betriebsrat sei jedenfalls durch das ergänzende Schreiben vom 10. Oktober 1990 auch
ausreichend unterrichtet gewesen. Der Einsatzort sei nicht offengeblieben, vielmehr sei deutlich
geworden, daß Frau D als sog. Springerin in allen Filialen eingesetzt habe werden sollen. Sie sei auch
als Dekorateurin schon in allen Filialen eingesetzt gewesen. Die Versetzung habe vorläufig
durchgeführt werden müssen, da angesichts der Aufgabe der Dekorationsabteilung sonst nur eine
Freistellung möglich gewesen wäre.
Der Betriebsrat hat vorgetragen, ein sachlicher Grund für die Versetzung habe nicht bestanden. Es
fielen auch nach dem 30. September 1990 ständig Dekorationsarbeiten an, die teils von anderen
Arbeitnehmern des Arbeitgebers durchgeführt würden. Frau D drohten also Nachteile, für die eine
betriebliche Notwendigkeit nicht bestehe. Eine Versetzung komme auch nicht in Betracht, solange der
Arbeitgeber keine wirksame Änderungskündigung ausgesprochen habe.
Das Zustimmungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden, da er, der Betriebsrat, nicht
ausreichend unterrichtet worden sei. Ungenügend sei insbesondere die Angabe über den künftigen
Seite 2
Einsatzort von Frau D gewesen. Schließlich fehle es auch an der vorzunehmenden
Stellenausschreibung.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihnen unter Abänderung
des erstinstanzlichen Beschlusses stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.


B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zurückzuweisen, soweit das Landesarbeitsgericht die
Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Arbeitnehmerin D ersetzt hat. Im übrigen ist das
Verfahren einzustellen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, der Betriebsrat könne sich nicht
auf eine nicht ausreichende Unterrichtung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG berufen.
1. Gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder der im Gesetz
genannten mitbestimmungspflichtigen Einzelmaßnahmen zu unterrichten, ihm erforderliche
Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Personen der Beteiligten zu geben. Er hat
dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der
geplanten Maßnahme zu geben. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere
den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen, § 99 Abs.
1 Satz 2 BetrVG.
Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich
nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. Der Arbeitgeber
muß den Betriebsrat so unterrichten, daß dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die
Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten
Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht werden kann
§ 99 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 3. Oktober 1989 - 1 ABR 73/88 - AP Nr. 74 zu § 99 BetrVG
1972; Matthes, DB 1989, 1285).
Die Verletzung der Unterrichtungspflicht stellt keinen Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne von §
99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar. Der Betriebsrat ist also nicht berechtigt, die Zustimmung allein
wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Allerdings läuft ohne die gesetzlich
vorgeschriebene Unterrichtung nicht die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG. Der Betriebsrat
muß den Arbeitgeber auf die ihm bekannten Mängel der Unterrichtung hinweisen. Ergänzt der
Arbeitgeber seine Unterrichtung, setzt er damit eine neue Wochenfrist in Lauf. Hat der
Betriebsrat schon auf eine unvollständige Unterrichtung hin die Zustimmung verweigert, kann
der Arbeitgeber noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlende Unterrichtung
nachholen. Der Betriebsrat kann dann innerhalb einer Woche weitere, sich aus der
nachgeschobenen Unterrichtung ergebende Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen.
Der Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag steht die zunächst unvollständige
Unterrichtung des Betriebsrats dann nicht mehr entgegen
BetrVG 1972; BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 61, 189 = AP Nr. 64 zu § 99
BetrVG 1972; zum Ganzen Matthes, DB 1989, 1285, 1286).
2. Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, die
ergänzende Unterrichtung sei ordnungsgemäß im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Die hiergegen
erhobenen Einwendungen der Rechtsbeschwerde sind nicht gerechtfertigt.
Außer Streit steht, daß die zunächst mit Schreiben vom 2. Oktober 1990 erfolgte Unterrichtung
unzureichend war. Der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 8. Oktober 1990 darauf hingewiesen, daß
weder der vorgesehene Arbeitsplatz noch die beabsichtigte Eingruppierung mitgeteilt worden sei. Der
Seite 3
Arbeitgeber hatte daraufhin mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 die Unterrichtung ergänzt. Diese
ergänzende Unterrichtung ist vom Landesarbeitsgericht im Zusammenhang mit den dem Betriebsrat
weiter bekannten Fakten als ausreichend angesehen worden.
Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die ergänzenden
Informationen im Schreiben vom 10. Oktober 1990 ausreichend im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG
waren - wofür allerdings vieles spricht. Selbst wenn man dies verneinen wollte, könnte sich der(vgl. BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu §
Betriebsrat hierauf nicht mehr berufen, nachdem er im Schreiben vom 15. Oktober 1990 eine
unzureichende Unterrichtung nicht mehr beanstandet hat. Hierzu wäre er aber verpflichtet
gewesen, wenn weiterer Aufklärungsbedarf bestanden hätte
99 BetrVG 1972).
Wenn er in seinem Schreiben vom 15. Oktober 1990 abschließend ausführt: "Zur Begründung
beziehen wir uns vollinhaltlich auf unsere bereits erfolgte Zustimmungsverweigerung", bezieht sich
das offensichtlich auf die schon in dem Schreiben vom 8. Oktober 1990 enthaltene vorsorgliche
Zustimmungsverweigerung bzw. auf die bestrittene Dringlichkeit der vorläufigen Durchführung der
Maßnahme. Hätte der Betriebsrat weiteren Aufklärungsbedarf gehabt - insbesondere auch hinsichtlich
der Frage, ob Frau D als Springerin oder in einer bestimmten Filiale eingesetzt werden sollte -, hätte er
das dann deutlicher zum Ausdruck bringen müssen. Der Arbeitgeber war also berechtigt, das
Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.
Hat der Betriebsrat auf eine - hier einmal unterstellt - unvollständige Unterrichtung hin die
Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber die fehlende Unterrichtung auch noch im
Zustimmungsersetzungsverfahren nachholen
Der Arbeitgeber hat spätestens in der Beschwerdebegründung ausgeführt, die Beschäftigung in allen
Filialen bedeute eine solche als Springerin. Damit war - wenn dies vorher zweifelhaft gewesen sein
sollte - der Einsatzort klargestellt. Daß der erste Einsatz der Arbeitnehmerin D in Poppenbüttel erfolgt
war und erfolgen sollte, war dem Betriebsrat bekannt.
Der Betriebsrat hat auf diese - einmal so betrachtet - nachgeholte Ergänzung der Unterrichtung keinen
neuen Verweigerungsgrund gestützt. Auch wenn man die Unterrichtung vom 10. Oktober 1990
hinsichtlich des Einsatzortes also als unzureichend betrachten wollte, wäre dies letztlich unschädlich.
Ein Verstoß des angefochtenen Beschlusses gegen § 99 Abs. 1 BetrVG ist nach alledem nicht zu
erkennen.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der
Arbeitnehmerin D ersetzt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Einwand der Stellenausschreibung habe sich
erledigt, nachdem der Arbeitsplatz am 11. Oktober 1990 ausgeschrieben worden sei.
Dem ist zuzustimmen. a) Die Erledigung dieses Grundes ergibt sich schon daraus, daß der Betriebsrat
seine Zustimmungsverweigerung mit Schreiben vom 15. Oktober 1990 nicht mehr hierauf gestützt hat.
Der Betriebsrat hatte mit Schreiben vom 8. Oktober 1990 "eine Stellenausschreibung" verlangt. Er
hatte vorsorglich "3." die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung verweigert, weil eine nach § 93
BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben sei. Der Arbeitgeber hatte mit Schreiben
vom 10. Oktober 1990 zwar mitgeteilt, es könne eine "allgemeine Stellenausschreibung nicht erfolgen,
da diese Stelle nur für Frau D aufgrund des Arbeitsgerichtsurteils vom 1.8.90 bereitgestellt werden"
müsse. Er hatte sodann aber doch am 11. Oktober 1990 eine Stellenausschreibung vorgenommen. Dies
war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dem Betriebsrat bekannt.
Der Betriebsrat hatte daraufhin am 15. Oktober 1990 mitgeteilt, er habe beschlossen, seine
Zustimmung zu der beantragten Versetzung von Frau D vom 11. Oktober 1990 zu verweigern, weil
"1." Frau D ungerechtfertigte Nachteile erleide und "2." die Maßnahme gegen § 611 BGB verstoße, da
Frau D nur zur Arbeitsleistung als Dekorateurin verpflichtet sei. Der Betriebsrat hat also seine
Seite 4
Zustimmung gerade nicht mehr "3." auf eine nach wie vor unterbliebene Stellenausschreibung
gestützt. Diese wird in dem Schreiben vom 15. Oktober 1990 überhaupt nicht mehr erwähnt.
Wenn der Betriebsrat im Schlußabsatz dieses Schreibens sich vollinhaltlich auf die "bereits erfolgte
Zustimmungsverweigerung" bezieht, ist dem nicht die Geltendmachung einer unterbliebenen
Stellenausschreibung als Zustimmungsverweigerungsgrund zu entnehmen. Dagegen sprechen schon
die ausdrücklich genannten Verweigerungsgründe "1." und "2.". Wollte der Betriebsrat auch nach der
Unterrichtung durch den Arbeitgeber mit Schreiben vom 10. Oktober bzw. der erfolgten
Stellenausschreibung vom 11. Oktober 1990 geltend machen, er verweigere die Zustimmung wegen
einer unterbliebenen Ausschreibung, hätte er dies innerhalb der mit der ergänzenden Unterrichtung
neu laufenden Wochenfrist dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, mindestens aber deutlich machen
müssen, daß er auch hieran festhalte. Dies ist nicht geschehen. Das Schreiben vom 15. Oktober 1990
bezieht sich - wie dargelegt - gerade nicht mehr auf die Stellenausschreibung, sondern benennt nur
noch die zwei anderen Verweigerungsgründe. Dies konnte aus der Sicht des Arbeitgebers nur so
verstanden werden, daß der Betriebsrat die Zustimmungsverweigerung auf eine unterbliebene
Stellenausschreibung nicht mehr stützen wollte.
b) Ein Nachschieben von Zustimmungsverweigerungsgründen nach Ablauf der Wochenfrist ist
nicht möglich
BetrVG 1972). Wenn der Betriebsrat sich also im laufenden Verfahren auf eine fehlende
innerbetriebliche Stellenausschreibung berufen hat, ist das verspätet, auch wenn man hierin die erneute
Geltendmachung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes gem. § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG sehen
wollte.
Das Landesarbeitsgericht konnte also zu Recht davon ausgehen, daß die Frage der
Stellenausschreibung sich erledigt hatte.
2. Die beabsichtigte Versetzung verstößt auch nicht gegen ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Unrecht "einen Verstoß gegen § 611 BGB".
BetrVG
a) Ein Gesetzesverstoß als Zustimmungsverweigerungsgrund setzt voraus, daß die personelle
Maßnahme als solche gesetzeswidrig ist. Es kommen also in Betracht neben hier nicht
interessierenden Verletzungen von Einstellungsnormen vor allem Beschäftigungsverbote, die
eine Beschäftigung mit bestimmtem Inhalt oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen.
Insoweit steht dem Betriebsrat die Rolle eines "Hüters des zwingenden Rechts" zu. Hingegen ist
es nicht Aufgabe des Betriebsrats im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, die Einhaltung des
Inhalts des Arbeitsvertrages zu überwachen
1972; Senatsbeschluß vom 10. Februar 1988 - 1 ABN 51/87 - AP Nr. 6 zu § 92 a ArbGG 1979; zum
Ganzen Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, § 99 Rz 172 ff.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither,
BetrVG, 17. Aufl., § 99 Rz 41 ff.; Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz 113).
§ 611 BGB stellt kein gesetzliches Verbot in diesem Sinne dar.
Arbeitnehmerin D als Verkäuferin verstößt nicht gegen § 611 BGB und auch nicht gegen ein sonstiges
gesetzliches Verbot. Sie entspricht möglicherweise nicht dem zwischen Frau D und dem Arbeitgeber
bestehenden Arbeitsvertrag. Die vertragswidrige Beschäftigung als solche ist aber kein Verstoß gegen
eine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG und wird es auch nicht über §
611 BGB.
b) Das Landesarbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, daß das mögliche Erfordernis einer
Änderungskündigung nicht dazu führt, daß bis zur endgültigen Entscheidung über die Wirksamkeit
einer solchen Kündigung dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99
Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zusteht. Das kollektivrechtliche Mitbestimmungsverfahren und dasHierzu bedarf es der Zustimmung des Arbeitnehmers
Verfahren zur individualrechtlichen Durchsetzung der beabsichtigten Maßnahme stehen
nebeneinander. Die Zustimmung des Betriebsrats zu einer mitbestimmungspflichtigen
Maßnahme bzw. der Ersetzung führt noch nicht zur individualrechtlichen Wirksamkeit der
Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer.
Seite 5
bzw. - wenn die Maßnahme nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist - der
Änderungskündigung.
Umgekehrt enthebt die Zustimmung des Arbeitnehmers zu der Maßnahme den Arbeitgeber
regelmäßig nicht von der Durchführung des kollektiven Mitbestimmungsverfahrens.
Beide Verfahren sind also grundsätzlich unabhängig voneinander durchzuführen. Nach der
Rechtsprechung des Senats ist allerdings die Zustimmung des Betriebsrats individualrechtliche
Wirksamkeitsvoraussetzung für die Versetzung
zum Ganzen vgl. KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 138 ff.). Eine Versetzung kann dem
Aus diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zu Recht geschlossen, daß der BetriebsratZutreffend weist das
sich im Rahmen des § 99 BetrVG nicht darauf berufen kann, der Arbeitgeber habe die
beabsichtigte Versetzung individualrechtlich noch nicht wirksam umgesetzt, sei es durch
Ausübung des Direktionsrechts, sei es durch Änderungskündigung.
Landesarbeitsgericht darauf hin, daß andernfalls in beiden Verfahrensebenen jeweils eingewandt
werden könnte, die andere Ebene sei noch nicht abgeschlossen - mit der Folge, daß weder das eine
noch das andere Verfahren abgeschlossen werden kann.
3. Der Betriebsrat kann allerdings nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG unabhängig von einem
Änderungsschutzverfahren geltend machen, durch die vorgesehene Maßnahme werde der
Arbeitnehmer benachteiligt, ohne daß dies aus betrieblichen oder aus in der Person des
Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt sei.
Soweit der hier beteiligte Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung hierauf gestützt hat, hat das
Landesarbeitsgericht zu Recht auch diesen Verweigerungsgrund als nicht gegeben angesehen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, die Dekorationsabteilung sei zum 30. September 1990
geschlossen worden. Der größte und qualifizierte Teil der Dekorationsarbeiten sei ab diesem Zeitpunkt
an ein externes Unternehmen vergeben worden. In einem gewissen Umfang weiterhin anfallende
Dekorationsarbeiten ergäben keinen Arbeitsplatz für eine Dekorateurin, was vom Betriebsrat letztlich
auch gar nicht behauptet werde.
Gegen diese Feststellung hat die Rechtsbeschwerde keine Verfahrensrügen erhoben. Zu Recht weist
das Landesarbeitsgericht darauf hin, die Entscheidung des Arbeitgebers, die Dekorationsabteilung zu
schließen, sei als unternehmerische Entscheidung einzuordnen. Diese ist im Rahmen des § 99 Abs.(so auch Kraft, GK-BetrVG, aaO, § 99 Rz 126;
2 Nr. 4 BetrVG als vorgegebener betrieblicher Grund zu werten, der nicht auf seine
Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen ist
Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 87; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 99
Rz 126). Insoweit sind die für das Kündigungsschutzverfahren entwickelten Überlegungen
entsprechend heranzuziehen. Der Betriebsrat kann nicht über § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG die
Dies ist auch nicht eine Frage der Präjudizialität, wie das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf das
durchgeführte Kündigungsschutzverfahren der Arbeitnehmerin D meint, sondern ergibt sich aus dem
grundsätzlichen Recht des Unternehmers, den Betrieb - unter Berücksichtigung der §§ 111 ff. BetrVG
- nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
b) Hat aber der Arbeitgeber die Dekorationsabteilung aufgelöst und ist der bisherige Arbeitsplatz der
Arbeitnehmerin D damit weggefallen, kann nicht gesagt werden, Frau D werde durch die Versetzung
benachteiligt, ohne daß dies aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt war. Dies sieht wohl inzwischen
Seite 6
auch der Betriebsrat so, da insoweit Einwendungen gegen den angefochtenen Beschluß von der
Rechtsbeschwerde nicht mehr erhoben werden.
Keine Rolle spielt dabei auch, daß Frau D Betriebsratsmitglied ist. Die Frage, ob die betrieblichen
Gründe ausreichen, trotz des Sonderkündigungsschutzes eine Änderung des Arbeitsverhältnisses zu
erreichen, ist allein eine solche des individualrechtlichen Änderungsschutzverfahrens.
Das Landesarbeitsgericht hat nach allem die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zu der
Versetzung von Frau D zu Recht ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist insoweit zurückzuweisen. III. Mit der Zurückweisung der
Rechtsbeschwerde hinsichtlich des Antrags auf Ersetzung der Zustimmung steht deren Ersetzung
rechtskräftig fest. Damit ist zugleich der Antrag des Arbeitgebers auf Feststellung der Dringlichkeit
der vorläufigen Durchführung der Maßnahme erledigt.
Die Rechtshängigkeit des Feststellungsantrags des Arbeitgebers gem. § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG
endet mit der Rechtskraft einer Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag. Über den
Feststellungsantrag ist dann nicht mehr zu entscheiden. Das Verfahren ist vielmehr einzustellen
(BAGE 60, 66 = AP Nr. 4 zu § 100 BetrVG 1972; BAGE 46, 107 = AP Nr. 1 zu Art. 72
ZA-Nato-Truppenstatut; vgl. zum Ganzen Matthes, DB 1989, 1288).
Es bedarf daher keiner Prüfung, ob das Landesarbeitsgericht dem Feststellungsantrag zu Recht
stattgegeben hat, weil nicht davon auszugehen sei, daß die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen
Gründen nicht dringend erforderlich sei (vgl. dazu BAGE 29, 345 = AP Nr. 1 zu § 100 BetrVG 1972).
Seite 7
Rückgängigmachung einer unternehmerischen Maßnahme erzwingen. Die kollektivrechtlichen
Beschränkungen bei der Durchführung unternehmerischer Maßnahmen ergeben sich vielmehr
aus §§ 111 ff. BetrVG.
Arbeitnehmer gegenüber individualrechtlich einseitig danach erst nach Vorliegen der
Zustimmung des Betriebsrats wirksam durchgeführt werden; vorher kommt nur eine vorläufige
Beschäftigung nach § 100 BetrVG in Betracht.
(BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972;
Eine Beschäftigung der
(vgl. BAGE 49, 180 = AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG
(BAGE 46, 158 = AP Nr. 20 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 51, 345 = AP Nr. 36 zu § 99
(BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972).
(BAGE 51, 42 = AP Nr. 34 zu § 99
(BAGE 60, 57 = AP Nr. 57 zu