Sonntag, 9. Januar 2011

Keine Kündigung wegen Schwindel mit Bonuspunkten

Hessisches Landesarbeitsgericht 

Missbrauch von Bonuspunkten 



Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts kann der Missbrauch von 
Bonuspunkten durch einen Mitarbeiter nicht immer ohne Abmahnung zum Ausspruch einer 
außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung berechtigen.  
Hintergrund des Rechtsstreits war das Verhalten eines seit ca. 2 Jahren in einem 
Tankstellenbetrieb beschäftigten Mitarbeiters. Der Betrieb nahm an einem EDV-unterstützten 
Punkteprogramm teil, das es Kunden ermöglichte, für ihren Benzineinkauf Punkte auf ihrer 
Kundenkarte zu sammeln. Der Mitarbeiter verbuchte während einer Schicht in drei Fällen 
Umsätze von Kunden, die getankt und nicht an dem Programm teilgenommen hatten, in Höhe 
insgesamt ca. € 230,00 auf die Kundenkarte eines seiner Kollegen. Nachdem der Arbeitgeber 
hiervon Kenntnis erlangt hatte, sprach er eine fristlose hilfsweise ordentliche Kündigung des 
Arbeitsverhältnisses aus. Der Mitarbeiter erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und vertrat 
die Ansicht, er habe aus Unkenntnis allenfalls einen Fehler gemacht, nicht aber in Kenntnis 
eines Verbotes sich über dasselbige hinweggesetzt.  Dies gelte insbesondere vor dem 
Hintergrund, dass zu Zeiten des Bonussystems in Gestalt der Klebemarken diese jederzeit an 
Dritte weitergegeben werden konnten.  
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch vorgenanntes Urteil der Klage stattgegeben.  
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Arbeitgebers hatte keinen Erfolg. Auch 
nach Ansicht des Hessischen Landesarbeitsgerichts war das Verhalten des Mitarbeiters nicht 
geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.  
Zwar folgte das Berufungsgericht der Auffassung des Arbeitgebers, dass das Verhalten des 
Mitarbeiters, Tankbeträge fremder Kunden auf der Kundenkarte eines Kollegen zu verbuchen 
als schwerwiegendes Fehlverhalten einzustufen sei. Zielsetzung von Kundenbindungssystemen 
sei es, ohne dass es hierbei auf deren nähere Ausgestaltung (Klebemärkchen, elektronische 
Punktesammlung auf einer Kundenkarte) ankomme, Kunden an das Unternehmen zu binden. 
Der Kunde solle mittels der durch das Bonussystem erreichbaren Vorteile weitere Umsätze im Unternehmen und nicht bei Konkurrenzunternehmen tätigen. Nur hierfür sei der Arbeitgeber 
bereit, dem Kunden Vorteile zukommen zu lassen, die für ihn mit finanziellen Belastungen 
einhergingen. Würden Mitarbeiter hingegen die von Kunden nicht in Anspruch genommenen 
Punkte für eigene Zwecke sammeln, werde die Absicht des Arbeitgebers unterlaufen. Dies 
habe der Mitarbeiter auch erkennen können und deshalb die Buchungen auf Karten seines 
Kollegen unterlassen müssen.  
Allerdings hielt die Berufungskammer - ebenso wie schon das Arbeitsgericht - eine Abmahnung 
oder einen vorherigen Hinweis auf die Missbrauchsfolgen nicht für entbehrlich. Der Arbeitgeber 
hatte in dem Verfahren selbst ausgeführt, dass der  Stationsmanager die Mitarbeiter auf die 
Konsequenzen eines missbräuchlichen Verhaltens im Umgang mit der Kundenkarte 
hingewiesen habe. Allerdings sei er nicht in der Lage gewesen, die Umstände, unter denen 
dieser Hinweis an die Mitarbeiter und damit auch an den gekündigten Arbeitnehmer gegeben 
worden sei, zu konkretisieren. Der Mitarbeiter habe bestritten, einen solchen Hinweis von dem 
Stationsmanager erhalten zu haben. Vor dem Hintergrund, dass er im Schichtbetrieb gearbeitet 
hatte, wäre es erforderlich gewesen, dass der Arbeitgeber die näheren zeitlichen Umstände 
dargelegt hätte. Nur dann wäre es dem Kläger möglich gewesen, substantiiert zu dieser 
Behauptung Stellung zu nehmen. Gerade vor dem Hintergrund eines rollierenden Mitarbeitereinsatzes gehöre es zum Beweisvortrag des Arbeitgebers, Tatsachen vorzubringen, aus denen 
sich ergeben hätte, dass der gekündigte Mitarbeiter zum Zeitpunkt der behaupteten Hinweise 
des Stationsleiters überhaupt im Betrieb gewesen sei und Gelegenheit gehabt habe, dem 
Gespräch beizuwohnen.  
Im Hinblick auf das vom Kläger gezeigte Fehlverhalten habe auch nicht auf eine Abmahnung 
verzichtet werden können, zumal nicht angenommen werden könne, dass eine solche 
Abmahnung nicht erfolgversprechend und deshalb entbehrlich gewesen sei.  
Auch wenn die Zweckrichtung des Bonussystems es selbstverständlich mache, dass keine 
fremden Kundenumsätze auf eigene Karten bzw. Karten von Arbeitskollegen gutgeschrieben 
werden dürften, wäre im Hinblick auf die nach dem System teilweise zulässigen Umbuchungen 
eine Abmahnung notwendig gewesen, um dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sein 
Verhalten entsprechend auszurichten. Eine uneinsichtige Fortsetzung des Fehlverhaltens durch 
den Kläger könne nicht angenommen werden. Der Hinweis auf ein den Mitarbeitern 
überlassenes mehr als 30-seitigen Bedienerhandbuch stelle keinen ausreichenden Hinweis dar. 
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Mitarbeiter, die persönlich auf ein neues 
Softwaresystem geschult würden, ein Bedienerhandbuch komplett durchlesen. Es wäre dem 
Arbeitgeber ein leichtes gewesen, jedem Mitarbeiter auf einem Merkblatt eindeutig auf die 
Unzulässigkeit der Buchung fremder Kundengeschäfte  hinzuweisen. Aufgrund der unstreitig 
nach den Kartenbedingungen möglichen Übertragung von Punkten auf andere Personen habe 
bei dem Mitarbeiter ohne eine solche Verdeutlichung der Eindruck entstehen können, in 
geringem Umfang Kundenpunkte einem Kollegen gutschreiben zu können, ohne dass dies zum 
Verlust seines Arbeitsverhältnisses führen würde.  
Hess. LAG, Urteil vom 4. August 2010 - 2 Sa 422/10 
Vorinstanz: Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 26. November 2009 - 21 Ca 5136/09  

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